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Freiwillige Feuerwehr Hamburg

07.06.2003
Aktuelles

Besuch bei der Pariser Feuerwehr


Andere Länder, andere Sitten ...
Davon konnten wir, die Freiwillige Feuerwehr Billstedt-Horn, uns bei einem Besuch der Pariser Feuerwehr überzeugen.

Als erstes stand der Besuch der Hauptfeuerwache der französischen Metropole auf dem Programm. Nach einer herzlichen Begrüßung durch den Lagedienstführer konnten wir uns im hauseigenen Kino ein Bild von den vielfältigen Aufgaben der Sapeurs-Pompiers de Paris machen. Von diesem eindrucksvollen Film noch völlig in den Bann gezogen, folgten wir dem LDF in das „Herz“ der Pariser Feuerwehr: dem „salle d`operation“. Aus diesem Operationszentrum werden größere Einsatzlagen geführt. Hier wurden uns die Strukturen dieser Feuerwehr, die am Tage gut 10 Millionen Menschen schützt, nahe gebracht. Zu unserem Erstaunen erfuhren wir, dass die Sapeurs-Pompiers de Paris eine militärische Einrichtung sind. Dementsprechend soldatisch geht es dort auch zu. Allerdings ist die Angehörigkeit einer Feuerwehr zur Armee auch in Frankreich die Ausnahme. Lediglich die Feuerwehren von Marseille und Paris sind Teile des Militärs.

Ähnlich wie in Hamburg obliegt den Pariser Brandschützern grundsätzlich der Rettungsdienst. Unterstützt werden sie bei Bedarf von den Ambulanzen und Notärzten des SAMU – eine Organisation der öffentlichen Krankenhäuser. In Paris sind allerdings auch die Notärzte Feuerwehrleute und somit Soldaten. Zurzeit unterhält die Pariser Feuerwehr 58 „Ambulances“ (RTW) und 7 (NAW).
Nachdem uns alle Einrichtungen der Operationszentrale und seine Aufgaben erläutert waren, ging es nun in die, nur durch eine Glaswand abgetrennte, Einsatzzentrale. Bis zu 8 Disponenten nehmen hier die Notrufe der Pariser Bürger entgegen. Etwa 5000 Notrufe gehen hier pro Tag ein, zugegeben erfordert aber nur etwa jeder vierte Anruf den Einsatz der Feuerwehr. Anders als in Deutschland sind die Disponenten in Paris nicht für die Koordination und Abwicklung des Funkverkehrs zuständig, sondern ausschließlich für die Notrufannahme. Selbst die Alarmierung der erforderlichen Kräfte übernehmen dann untergeordnete Leitstellen. Nachdem wir uns ein ausführliches Bild der Arbeit in der Hauptfeuerwache gemacht hatten, war der erste Abschnitt unseres Besuches der Pariser Feuerwehr auch schon beendet.

Am zweiten Tag fuhren wir morgens zur Feuerwache Champerret. Diese Feuerwache gelangte im letzten Jahr zu trauriger Berühmtheit, als bei einem Flash-Over fünf junge Kameraden ihr Leben verloren. (siehe Bericht)
An der Wache empfing uns der Zugführer der diensttuenden Wachabteilung. Nach einigen allgemeinen Informationen starteten wir unseren Rundgang im Telegrafenzimmer.
Von hier aus werden die einzelnen Fahrzeuge der Wache alarmiert. Ebenfalls im Telegrafenzimmer holt der Fahrzeugführer bei Alarm sein Funkgerät ab und kann bei Bedarf an einer riesigen Wandkarte des Einsatzgebietes die günstigste Anfahrt ermitteln.
Die Funkausstattung der Pariser Wehr hat uns sehr verwundert. Nur der Fahrzeugführer hat ein Funkgerät. Mit diesem Gerät kann er mit seiner zuständigen Leitstelle kommunizieren. Ein Funkverkehr zwischen den Einsatzkräften an der Einsatzstelle ist unbekannt. Die vorgehenden Trupps verständigen sich untereinander bzw. mit dem Fahrzeugführer mit Hilfe von Signaltönen einer Hupe, die jeder Feuerwehrmann an seinem Pressluftatmer angebracht hat.
Weiter ging es in die Fahrzeughalle. Hier stehen zwei „Ambulances“ (RTW) und der Löschzug. Der Löschzug besteht aus einem Löschfahrzeug mit einem 1000 Liter Löschwassertank und acht Mann Besatzung, einer DLK 23/12 und einer Eigenentwicklung der Pariser Feuerwehr. Diese Eigenentwicklung ist die Kombination eines Rettungswagens und eines Löschfahrzeuges. Der Aufbau des Fahrzeuges ist geteilt: auf der Beifahrerseite befindet sich eine Behandlungskabine, ähnlich einem RTW, nur etwas kleiner. Am Heck und auf der Fahrerseite ist die feuerwehrtechnische Beladung verlastet sowie ein 600 Liter Löschwassertank untergebracht. Das Fahrzeug ist mit fünf Mann besetzt.
Bemerkenswert ist, dass, außer für den Fahrer, für jedes Besatzungsmitglied ein PA in der Rückenlehne vorhanden ist. Die PA-Geräte sind mit 9 l Flaschen bei 300 bar ausgestattet. Dies erlaubt eine Einsatzzeit von fast einer Stunde!
Ungewohnt erscheint auch der Schutzanzug der Franzosen. Neben Nomex-Hose und Gallet-Helm tragen die Sapeurs-Pompiers Überjacken aus Leder. Immerhin sollen diese in naher Zukunft durch Nomex-Überjacken ersetzt werden.
Gerätschaften zur Technischen Hilfeleistung wie Schere oder Spreizer sucht man auf den Löschfahrzeugen allerdings vergebens. Für derartige Einsätze gibt es an einigen Wachen Spezialfahrzeuge, ähnlich unseren Rüstwagen.

Eine weitere Besonderheit in Paris ist die so genannte „Planke“.
Diese Planke ist ein massives Holzbrett, das in 2,40 m Höhe senkrecht zur Wand angebracht ist. An diesem Brett muss jeder Pariser Feuerwehrmann vor Dienstantritt am Morgen seine Einsatzfähigkeit unter Beweis stellen. Hierzu muss er mit voller Ausrüstung (Schutzanzug, Helm und Pressluftatmer) an diesem Brett einen Klimmzug machen und sich daraus ohne Zuhilfenahme der Beine in den Stütz drücken. Dies muss er noch weitere zweimal im Laufe des Tages schaffen, dann allerdings ohne Ausrüstung. Schafft ein Feuerwehrmann eines dieser dreimal nicht, so darf er an diesem Tag nicht mehr mit in den Einsatz fahren.
Das Leben an der Wache unterscheidet sich auch gänzlich von dem an deutschen Wachen. Es herrscht militärischer Drill und während der 24-stündigen Schicht hat der Feuerwehrmann nur drei Stunden Freizeit. Die restliche Zeit ist ausgefüllt mit Sport, der bei der Pariser Feuerwehr sehr groß geschrieben wird, Ausbildung und allgemeiner Arbeit z.B. im Büro, in der Werkstatt aber vielleicht auch in der Küche. Hinzu kommen natürlich die Einsätze. Während unseres zweistündigen Besuches gab es für jeden RTW und für das Lösch-Rettungsfahrzeug Alarm.

Unsere letzte Station bei der Pariser Feuerwehr war dann am Samstagnachmittag der Stützpunkt der Taucher. Diese sind auf einem Hausboot auf der Seine in unmittelbarer Nähe der Ile de la cité und des Louvres untergebracht. Dort sind ständig 6 Taucher im Dienst, die im Alarmfall mit einer umgebauten Motorjacht, die einen Wasserwerfer mit einer Durchflussmenge von 4000l/min besitzt, zur Einsatzstelle fahren. Im Jahr kommen die Taucher auf rund 600 Einsätze, wobei hier Erstversorgungen mit dem größten Anteil zu Buche schlagen.
Bei den Tauchern gibt es an der Kaimauer ebenfalls die so genannte „Planke“. Hier verblüffte uns einer der Kameraden, der aus dem Klimmzug nicht in den Stütz ging, sondern sich in den Handstand drückte. Der Respekt vor dieser Leistung war uns allen gemein.

Insgesamt war unser Besuch hochinteressant und sehr informativ. Wir möchten uns an dieser Stelle noch einmal bei den französischen Kameraden herzlich für ihre Gastfreundschaft und ihre Mühen bedanken.
Ein dickes Dankeschön geht ebenfalls an die Kameraden der FF Kirchsteinbek und der FF Öjendorf, die uns während der Zeit hier in Hamburg vertreten haben.

Text: Andreas Gonitzke
Fotos: FF Billstedt-Horn

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Die Billstedt-Horner vor der Feuerwache Champerret

Die Billstedt-Horner vor der Feuerwache Champerret


Galerie
Ein Disponent in der Einsatzzentrale Paris
Der Löschzug der 5.Compagnie Champerret
Eine Ambulance
Alarm für das Kombifahrzeug zu einem Kleinfeuer
Das Wachwappen Champerret
Taucherübung auf der Seine in der Nähe von Notre Dame
Taucher an Bord des Löschbootes