06.05.2010
Aktuelles
Wie läuft es woanders? Überregionale Ausbilderinitiative in Baden-Württemberg
Was muss der Strahlrohrführer wissen? Themen: Brand lesen, Flash-Over Box, Hohlstrahlrohrtraining, Rohrvornahme im Treppenhaus, dynamische Strahlrohrführung und Flüssigkeitsbrände
Truppmann Teil I, Sprechfunk, Atemschutzgeräteträger, Truppmann Teil II, Truppführer – so sieht es die FwDV 2 als Standardausbildung zum Feuerwehrmann vor. Abgesehen davon, dass gerade die Truppmann Teil II-Ausbildung in weiten Teilen Deutschlands stiefmütterlich behandelt wird oder gar nicht stattfindet, fehlen oft wesentliche Ausbildungsinhalte. Eine Initiative im Landkreis Ludwigsburg will dies ändern.
Die bisherige Ausbildung im Landkreis findet schon jetzt auf hohem Niveau statt. Hohlstrahlrohrtraining, Suchtechniken und Rettung verletzter Atemschutzgeräteträger haben Einzug in die Kreisausbildung gehalten. Die Truppmann Teil II-Ausbildung wird wirklich durchgeführt, und zwar nicht nur am Standort sondern im Zusammenschluss innerhalb des Löschbezirks. Nun wurde unter Führung des Korntaler Zugführers Hans-Jörg Stellmacher ein weiterer Baustein für ein schlüssiges Ausbildungskonzept vorgestellt. Unter der Fragestellung „Was muss der Mann am Strahlrohr wissen?“ wurde ein Konzept erarbeitet, wie man dieses Wissen kompakt an einem Samstag vermitteln kann. Dabei sollten sowohl Feststoff- als auch Flüssigkeitsbrände betrachtet werden.
Am 24. April wurde ein „Probedurchlauf“ des Konzepts gestartet. Als Übungsteilnehmer standen 16 Feuerwehrleute aus dem Landkreis Ludwigsburg bereit. Heißausbilder aus Baden-Württemberg und Bayern waren als Ausbilder angereist. Zusätzlich wurden Übungsbeobachter aus dem Ostalbkreis und aus Rheinland-Pfalz eingeladen um die Übung kritisch zu beobachten und Verbesserungsvorschläge zu unterbreiten.
Nach der Begrüßung der Teilnehmer begann der Tag mit einem kurzweiligen Theorieteil zum Thema „Rauch lesen“, vorgetragen von Volker Schmidt (FF Illingen). Der Vortrag orientierte sich an den Unterlagen von Koen Desmet (Brandweer Antwerpen) „Den Brand lesen“. Kurz zusammengefasst lief es auf die Eselsbrücke „RLWF“ hinaus, die sich die Teilnehmer für den Ernstfall einprägen sollten. RLWF steht für Rauch, Luft, Wärme, Flammen. Mit diesen vier Kriterien ist es dem Strahlrohrführer möglich ein Gespür für das Feuer zu entwickeln, das ihn erwartet. Der Vortrag wurde unterstützt durch entsprechende Bilder, so dass er leicht verständlich und einprägsam war.
Im Anschluss sollten die gewonnenen Erkenntnisse in der Praxis vorgeführt werden. Dazu wurde von Tobias Burgard (FF Möglingen) und Severin Frank (FF Göppingen) die Flash-Over-Box vorgestellt. Die ca. 60x60x40cm große Box aus Spannplatten stellte ein Wohnzimmer dar. Nachdem es in Brand gesteckt wurde konnte den Teilnehmern am Merkwort RLWF die Brandentwicklung demonstriert werden. Nachdem der Brand entwickelt war wurde die Box mit einer Abdeckplatte verschlossen, in der es nur ein „Fenster“ gab. Durch Abdecken dieser Ventilationsöffnung konnte die Sauerstoffzufuhr kontrolliert werden und so eine Rauchgasdurchzündung vorgestellt werden. Mit einer kleinen Sprühflasche konnte das richtige Einbringen von Wasser in den Brandraum demonstriert werden. Für die Teilnehmer eine interessante Erfahrung, die die Verknüpfung zur zuvor gehörten Theorie darstellte.
Für den folgenden Praxisteil wurden Kleingruppen mit jeweils acht Teilnehmern gebildet. So bekam jeder Teilnehmer genügend Zeit sich selbst in der Praxis zu beweisen und es kehrte keine Langeweile ein. In diesem Praxisteil ging es um den Umgang mit dem Hohlstrahlrohr. Im Seitenkriechgang wurde das Vorgehen mit Wasser am Rohr in einem Brandraum beübt. Temperaturcheck, Brandgaskühlung und der richtige „Flash-over-Reflex“, sollte es zu einer Durchzündung kommen. Abgerundet wurde dieser Ausbildungsabschnitt durch eine Ausbildungseinheit „Türöffnungsprozedur“. An einer freistehenden, mobilen Stahltür konnten die Teilnehmer den richtigen Umgang mit einer „heißen Tür“ und das anschließende Eindringen in den Brandraum üben.
Nach einem stärkenden Mittagessen im Gerätehaus der FF Korntal stand der zweite Teil des Ausbildungstages an. Für alle Teilnehmer gemeinsam wurde nun das Dollhouse vorgestellt. Das Dollhouse ist eine Weiterentwicklung der Flash-Overbox mit vier „Räumen“. Ein Brandraum, direkt darüber ein weiterer Raum ohne Verbindung zum Brandraum – so kann man ein mehrgeschossiges Haus mit zwei übereinanderliegenden Wohneinheiten simulieren. Neben dem Brandraum befindet sich der „Treppenraum“, der eine Verbindung zum Brandraum hat. Darüber der „Treppenraum“ des „Obergeschosses“, der logischerweise mit dem darunter liegenden Treppenraum verbunden ist. Am Dollhouse können neben den schon an der Flash-Over-Box weitere Phänomene, wie die Brandausbreitung und speziell die Thermik in brennenden Gebäuden eindrucksvoll dargestellt werden.
Wieder aufgeteilt in Kleingruppen wurde die Rohrvornahme und das Schlauchmanagement im Gebäude geübt. Das richtige legen der Schlauchreserve, das Abschätzen der notwendigen Reserve, Verwendung von Schlauchtragekörben und Schlauchpaketen wurden geübt. Als schwierig für die Teilnehmer stellte sich das Nachziehen des gefüllten Schlauchs und das saubere legen einer Schlauchreserve im Treppenraum dar. Als weitere Möglichkeit der Schlauchnachführung wurde der „Loop“ vorgestellt und auf die Notwendigkeit von Schlauchhaltern hingewiesen.
Als nächster Punkt wurde der richtige Einsatz von B-Rohren bei Gebäudevollbränden beübt. Ein Szenario, welches mit normalen Methoden gar nicht geübt werden kann. Deshalb wurde das Szenario von Christian Schorer (FF Wasserburg, Bodensee) und Volker Schmidt „verkleinert“. Als brennende Industriehalle wurde ein Palettenstapel aufgebaut. Um die Löschwirkung eines B-Rohrs darzustellen wurde ein D-Rohr eingesetzt, dass durch eine Blende hinter dem Mundstück auf einen Düsendurchmesser von 0,8 – 1,2mm reduziert wurde.
Das Szenario war für die Teilnehmer sehr lehrreich. Statische Wasserabgabe in die Flammen („du bist jetzt eine Drehleiter“) und die „Dachziegelwäsche“ führten zu keinem Erfolg. Erst der systematische Einsatz des Rohres konnte eine Löschwirkung erzielen.
Als letzter Punkt stand die Bekämpfung von Flüssigkeitsbränden auf dem Ausbildungsplan. Auch dies ist ein Szenario, welches in der Realität nicht geübt werden kann. Allenfalls wird auf einem abgesperrten Gelände unter Optimalbedingungen und fehlendem Flüssigkeitsbrand etwas Schaum produziert.
Christian und Jens Fischer (beide FF Wernau) stellten deshalb die Schaumbox vor. Die Schaumbox enthält miniaturisierte Schaumrohre (Schwer-, Mittel, Leichtschaum) und Zubehör zum darstellen verschiedener Szenarien. Auch hier wurde den Teilnehmern deutlich vor Augen geführt, dass nur die richtige Taktik zum Erfolg führt, und eine „wilde“ Schaumabgabe auf den Brand keinen Löscherfolg erwarten lässt. Außerdem konnte die Wirkung von AFFF-Schaummitteln im Gegensatz zu herkömmlichen MBS herausgestellt werden.
Fazit
Es gibt kaum eine Feuerwehr, zu der ich so gerne komme, wie zur FF Korntal. Die freundliche Aufnahme dort, die begeisterte, lernwillige Atmosphäre und die professionelle Arbeit dort ist etwas ganz besonderes. Wir konnten wieder neue Ideen mitnehmen, die wir auch in unsere Standortausbildung mit einfließen lassen werden.
Der Ausbildungstag war vollgepackt mit komprimiertem Wissen. Eigentlich war ich ja eingeladen um Kritik zu üben und Verbesserungsvorschläge zu bringen. Ich muss sagen: bis auf Kleinigkeiten gibt es nichts zu verbessern. Höchstens, aber das ist bei guten Ausbildungen wohl immer so, dass der Tag viel zu kurz war. Wenn die Ausbilderkapazität es hergibt könnte man den Stoff auch locker auf zwei Tage verteilen, Lehrinhalte genug sind vorhanden. Ansonsten stellt die vorgestellte Ausbildung für die Fragestellung „Was muss der Mann am Rohr wissen?“ derzeit das Optimum dessen dar, was man ohne feststoffbefeuerten Container ausbilden kann. Was fehlte war der Bereich der Gasbrände (ich erinnere mich an die Station Gaszählerbrand vor einigen Jahren in Korntal), aber dies hätte den Zeitrahmen vollends gesprengt. Alles in allem eine gelungene Veranstaltung mit dem die Grundlagen der Brandbekämpfung für jedermann praktisch erlebbar wurden. Statt also Kritik zu üben bleibt mir nur den Hut zu ziehen vor dem was im Landkreis Ludwigsburg an echter Ausbildung geleistet wird und mich bei den Ausbildern und vor allem bei den Gastgebern aus Korntal für einen lehrreichen Tag bei guten Freunden zu bedanken!
Vielen Dank an Markus Weber, FF Schwäbisch-Gmünd für diesen hochinteressenten Bericht!
Quelle: www.feuerwehr.de
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